Besuch eines Workshops

Das Team des ZHRF besuchte den interdisziplinären Workshop „Der Rezipient ist im Werk – Differenzerfahrung und Adressatenbezug in Reisedarstellungen des 15.–18. Jahrhunderts“, der vom 29.09. bis 30.09.2022 an der Forschungsbibliothek Gotha der Universität Erfurt stattfand. 

Bis heute prägen Reiseberichte unsere Vorstellungen von anderen Ländern und Menschen, von Fremdbild und (europäischem) Selbstbild.

Ausgehend von einer medien- und kulturhistorischen Perspektive ging der Workshop der Frage nach, was die frühneuzeitlichen Autoren ihren Lesern wie mitteilen wollten. Galt auf dem Buchmarkt tatsächlich immer „travel sells“ oder mussten die Autoren bestimmte Erwartungen des Publikums erfüllen? Wie spiegeln sich diese Erwartungen in den Reiseberichten wider?

Inwiefern lenkten der Zweck der Reise oder die sozialen und beruflichen Prägungen des Reisenden seine Aufmerksamkeit?

Aufgrund der großen Konkurrenz auf dem Buchmarkt musste jeder Reisebericht etwas Einzigartiges besitzen, aber zugleich auch Wiedererkennungseffekte ermöglichen, um bei seiner potentiellen Leserschaft Aufmerksamkeit hervorrufen zu können. Daher dachten die Autoren bereits beim Verfassen des Reiseberichts an die Erwartungen und das Wissen der Adressaten, an die sich die Publikation richten sollte. Durch eine möglichst sinnesnahe Beschreibung sollte die geographische Distanz der Leser zum persönlichen Erleben des Autors überbrückt werden.

Als spezifisch für die Erfahrungsvermittlung in der Frühen Neuzeit wurde herausgearbeitet, dass es zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr genügte, lediglich an einem Ort gewesen zu sein, sondern dies musste auch glaubwürdig dargestellt werden. Hierbei halfen die von der Reise mitgebrachten (Natur-)Objekte, die aber auch zur Ansprache anderer Rezipientenschichten verwendet wurden. Die Reiseberichte können heute auch als wichtige Hilfe im Bereich der Museologie bei Fragen der Provenienz oder Sammlungsgeschichte, insbesondere bei Naturalia, dienen. Hier wird die Gegenwart zum – allerdings unintendierten – Rezipienten frühneuzeitlicher Reiseberichte.

Einen ausführlichen Tagungsbericht können Sie bei HSK einsehen:

https://www.hsozkult.de/conferencereport/id/fdkn-135557