Esperanza Anido Calvo

Als gebürtige Zürcherin studierte ich von 2015–2022 Geschichte und Englische Sprach- und Literaturwissenschaft an der Universität Zürich. In meiner Masterarbeit befasste ich mich mit literarischen Konstruktionen von Trauma, Erinnerung und Gewalt; andere Schwerpunkte lagen vor allem auf (Trans)Atlantischer Geschichte, frühneuzeitlicher Verflechtungsgeschichte zwischen Afrika, Europa und den Amerikas. Intensiver habe ich mich auch mit der Geschichte der Sklaverei, mit West- und Ostafrika wie auch der Karibik sowie mit Kolonialgeschichte und postkolonialen Studien beschäftigt.

Gleichzeitig habe ich zusätzlich im Studiengang für das Lehrdiplom für Maturitätsschulen an derselben Universität die grundlegende didaktische Ausbildung und kleinere Praktika an Schweizer Gymnasien absolviert für die Unterrichtsfächer Englisch und Geschichte, in dessen Rahmen es mich zwischendurch ca. für ein halbes Jahr nach London zog. Weitere Lehrerfahrungen habe ich dann an einer Sprachschule in Zürich erworben.

Im Jahr 2022 erhielt ich eine Stelle als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für die Geschichte der frühen Neuzeit an der Universität Vechta. In diesem Kontext widme ich mich der Arbeit am Lehrstuhl, der Lehre, der Organisation von und Mitwirkung an Tagungen wie auch meinem eigenen Promotionsvorhaben. Darüber hinaus bin ich aktives Mitglied und Forscherin im Zentrum für Historische Reiseforschung (ZHRF) mit internationaler und interdisziplinärer Ausrichtung.
In der Frühen Neuzeit verankert, liegt mein Interessensschwerpunkt auf der komplexen und weitreichenden Verflechtungsgeschichte zwischen Europa, Afrika und den Amerikas (1500-1800). In diesem Kontext werden historiographische und ideengeschichtliche Phänomene und Prozesse in den Blick genommen, um den vielfältigen kulturellen, sozialen und politischen Austausch über den Atlantik nachzuvollziehen. Besonderes Interesse gilt hier dem lateinamerikanischen und karibischen Raum, was sich in meinem Forschungsprojekt mit dem vorläufigen Titel Witnessing and Writing the Caribbean in the Eighteenth Century: Clerical Historiographies across Empires and Confessions widerspiegelt. Meine Forschungsarbeit widmet sich den sog. Historien, d.h. historiographischen Werken, die im 18. Jahrhundert von gereisten Geistlichen unterschiedlicher Konfessionen über die Karibik geschrieben wurden. Die Figur des travelling cleric, wie ich das in meiner Arbeit formuliere, der Historiker und Augenzeuge zugleich ist, ermöglicht uns durch sein Geschichtswerk u.a. ein Verständnis interkultureller Begegnungen unter der Schirmherrschaft der Kolonialmächte, da sie eine mögliche gegenseitige Verflechtung zwischen (weißen bzw. europäischen) imperialen Subjekten, europäischen kolonialen Subjekten und außereuropäischen kolonialen Subjekte beleuchten können. Mein Quellenkorpus fasst konkret vier Geschichtswerke ins Auge (die durch Korrespondenzen und handschriftliches Material ergänzt werden):
  • Pierre-François-Xavier de Charlevoix and J. Le Pers (Co-Autorschaft): Histoire de l’Isle Espagnole ou de S. Domingue (1730-31)
  • Christian Georg Andreas Oldendorp: Historie der caribischen Inseln Sanct Thomas, Sanct Crux und Sanct Jan, insbesondere der dasigen Neger und der Mission der Evangelischen Brüder unter denselben (2000; edierte und ungekürzte Fassung der Originalmanuskripts, Teil I, 1772)
  • Iñigo Abbad y Lasierra: Historia geográfica, civil y política de la isla de S. Juan Bautista de Puerto Rico (1788)
  • Thomas Coke: A History of the West Indies, Containing the Natural, Civil, and Ecclesiastical History of Each Island (1808)
Die Arbeit untersucht historiografische (und narrative) Praktiken der frühen Neuzeit, insbesondere des 18. Jahrhunderts, im Kontext der Geschichtsschreibung der Karibik. Dabei werden u.a. kulturelle, natürliche, politische und wirtschaftliche Aspekte und Thematiken aus der Perspektive des Geistlichen beleuchtet. Der Blick des travelling clerics aus multiplen konfessionellen Perspektiven – jesuitisch (Charlevoix), benediktinisch (Abbad y Lasierra), pietistisch-protestantisch (Oldendorp) und methodistisch-wesleyanisch (Coke) – auf nicht-europäisches Territorium und dessen Geschichte erweisen sich als ein noch ziemlich unerforschtes Gebiet. Der auch in sprachlicher (spanisch, deutsch, französisch, englisch), kultureller, politischer und transimperialer (u.a. spanische, dänische, französische, englische Kronen) Hinsicht vielfältige Rahmen erlauben ein tieferes Verständnis der Geschichtsschreibung und -darstellung der ‚Neuen Welt‘ und bringen unterschiedliche koexistierende Ontologien zum Vorschein.
Wintersemester 2024/25:
  • Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation und die außereuropäische Welt in der Frühen Neuzeit (Seminar, Universität Vechta)
  • Kontaktzone Atlantik: Die Alte und die Neue Welt in der Frühen Neuzeit (Seminar, Universität Vechta)

Wintersemester 2023/24:
  • Reisen und Forschung: Fokus Lateinamerika (Seminar, Universität Vechta)
  • Der Atlantik in der frühen Neuzeit: Eine Einführung in die Geschichte des Sklavenhandels (Seminar, Universität Vechta)

Sommersemester 2023:
  • (Trans)Atlantische Reisen zwischen der Alten und Neuen Welt: Lektüreseminar Theorie (Seminar, Universität Vechta)
  • (Trans)Atlantische Reisen zwischen der Alten und Neuen Welt: Reiseberichte (Seminar aufbauend, Universität Vechta)
  • „Die Karibik erfahren und erzählen im 18. Jahrhundert: ein transimperialer und multikonfessioneller Ansatz“, Goethe-Universität Frankfurt am Main, 24.– 26. Juli 2024, DFG geförderter Sommerkurs zur Geschichte der Frühen Neuzeit, organisiert durch die Forschungsgruppe Polycentricity and Plurality of Premodern Christianities (POLY), zusammen mit Schnittstelle Religion, Dynamiken des Religiösen, IFRA-SHS
  • (bevorstehende Publikation): „Wasser als Unheil? Naturbeschreibungen eines spanischen Benediktiners in der Karibik des späten 18. Jahrhunderts", Kulturzentrum PFL, Oldenburg, 16.-18. Mai 2024, DFH/UFA geförderte deutsch-französische Nachwuchsveranstaltung „Begegnungen in/mit der Fremde: Zwischen Bewundern und Bezwingen – Natur- und Umweltdiskurse in Reiseberichten der Frühen Neuzeit“
  • (bevorstehende Publikation): „Das Fremde und das Eigene – (Verflechtungs)geschichte von Puerto Rico um 1788“, Centre Georg Simmel / EHESS (Paris), 16.-18. November 2023, DFH/UFA geförderte deutsch-französische Nachwuchsveranstaltung „Begegnungen in/mit der Fremde: Zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung – Indigene Bevölkerung im Blick frühneuzeitlicher Reisenden“
  • „Frühneuzeitliche Historiographie als/im Spiegelbild von gesellschaftlichen Transformationen“, Universität Aix-Marseille (Aix-en-Provence), 3.-7. Juli 2023, Französisch-deutsche Sommerschule „Gesellschaftliche Transformation auf dem Weg zu einer Nachhaltigen Entwicklung: Historische und praktische Perspektiven“